Freitag, 22. Januar 2016

Irgendwas ist immer

Mitte Februar – vom 19. bis zum 22. – fahre ich zum ersten Mal seit Jahren in den Skiurlaub.
(Sorry, ich muss meine Analogie auf meinem Skiurlaub aufbauen, hauptsächlich, weil ich mich saumäßig drauf freue. :D Bärt mit mir.)

(... meine Wortwitze waren auch schon mal besser... mh... MOVING ON!)

Skifahren war eine Sache, die ich früher mit der Familie gemacht habe, und die wir vier alle wirklich ausnahmslos gerne gemacht haben. Wir sind damals meistens eine Woche gefahren, manchmal sogar zwei am Stück, und eigentlich immer in ziemlich große, vielseitige Skigebiete. Das konnten meine Eltern immer ziemlich gut – vielseitige, aktivitätsreiche Urlaubsorte raussuchen und das Jahr über haushalten, sodass wir uns im Winter und Sommer jeweils was Cooles leisten konnten.

Ich plane jetzt einen Skiurlaub von zweieinhalb Tagen. Das ist weniger als halb so lange, wie ich eigentlich gerne gefahren wäre, aber für mehr reicht einfach das Geld nicht, die Zeit schon gar nicht – und ich hätte niemanden gefunden, der für mehr als zweieinhalb Tage mit mir Ski fährt.
Zum ersten Mal, seit ich alleine lebe, habe ich das Geld und die Zeit für einen Skiurlaub auftreiben können, und dann habe ich keinen gefunden, der mit mir mitkommen wollte. „Keine Zeit“, meinten die einen. „Kein Geld“, meinten die anderen. Blödes Timing.

In diesem Zusammenhang – wenn wir schon vom Timing sprechen – habe ich neulich ein Video von einer Youtuberin gesehen, in der sie und ihre Freundin (jetzt Verlobte) von ihrem Heiratsantrag sprechen, und in dem Video fiel der Satz „irgendwas ist immer“. (Sinngemäß zumindest, das Video ist auf Englisch.)
Und ich hab in den letzten Tagen ziemlich viel über diesen Satz nachgedacht.

Es stimmt schon. Irgendwas ist immer.
Entweder man hat kein Geld, oder man hat keine Zeit, oder man hat niemanden, mit dem man ein Projekt durchziehen kann und alleine will man nicht. Ich merke das so oft an mir selbst. Mir kommen tausend Ideen für Dinge, die ich gern machen würde, aber irgendwie wird nie was draus, weil mir im nächsten Atemzug tausend Gründe kommen, die dagegen sprechen.
Ich würde gerne mein Französisch vernünftig auffrischen… aber die Sprachkurse sind so teuer, und für französische Bücher und Filme bin ich dann meistens auch zu geizig; überhaupt lese ich ja in letzter Zeit so wenig, die stehen dann hier sowieso nur rum.
Ich würde gerne mal Parkour als Sportart ausprobieren, und donnerstags um 18 Uhr gibt’s da eine Gruppe, die für alle offen ist… aber dann war ich den einen Donnerstag krank, am nächsten musste ich arbeiten, am übernächsten ist ein Konzert, jetzt liegt Schnee und es ist sauglatt, und so richtig trauen tu ich mich auch nicht, in eine bestehende Gruppe einfach einzusteigen…
Ich würde gern dieses und jenes Musikinstrument lernen – aber holy shit, wisst ihr, wie teuer Musikunterricht ist?! Und überhaupt, wäre es dann nicht viel eher sinnvoll, mir erst mal wieder Klarinetten- oder Klavierunterricht zu nehmen, um die Instrumente, die ich schon spiele, aufzupolieren?


Die Liste geht weiter. Ich würde gerne im praktischen Jahr ins Ausland, aber. Ich würde gern Paläontologie studieren, aber. Ich würde gern ein Musiktherapie-Studium ranhängen, aber.

Irgendwas ist halt immer, und die meisten Ratgeber für glückliches Leben oder wasauchimmer halten es mit Shia LaBeouf – just do it! Mach es doch, wenn es dir wichtig ist! Klemm dich dahinter, schmiede dir dein Glück selbst! Wenn du es wirklich willst, dann findest du auch einen Weg.

Aber in der Realität geht’s so einfach halt auch nicht.

In der Medizin gibt es den Begriff der Indikationsstellung; das ist eine Abwägung von Risiken und Nutzen einer Therapie. Cortison ist ein hochwirksames Medikament, das bei vielen Krankheiten schnell und effektiv Linderung verschafft. Andererseits hat Cortison auch ultra-viele Nebenwirkungen, deswegen wird niemand im Shia-LaBeouf-Style – „just do it“ – jedem Patienten ohne Rücksicht auf Verluste Cortison reinpumpen.
So ähnlich ist es irgendwie auch im Leben, habe ich das Gefühl. Auf der einen Seite gibt’s den Nutzen – die Sache möchte ich machen, die wäre gut für mich, die fände ich interessant, die würde mich glücklich machen. Und dann gibt’s die Risiken – aber es kostet Geld, aber es kostet Zeit, aber es passt nicht in meine Lebensumstände. Man muss sich da oft selbst eine Indikation stellen und sich fragen: klappt das oder klappt das nicht? Und das ist eine Sache, die ich persönlich schwierig finde und die man, glaube ich, auch erst lernen muss. Weil eben früher andere Leute das für einen getan haben.

Oder vielleicht ist das auch ein bisschen mein Privatproblem. Ich kenn einige Leute, die tatsächlich oft einfach machen, und irgendwie klappt’s dann auch.
Muss ich einfach mutiger werden? Muss ich mich mehr anstrengen und darf mich nicht so leicht verunsichern lassen, wenn ich auf Hindernisse treffe?

Irgendwas ist immer. Aber was davon ist wirklich, und was davon ist nur eine Fehleinschätzung bei der Indikationsstellung?

Ich glaube, das ist eine der Sachen, die ich 2016 rausfinden möchte.

Samstag, 16. Januar 2016

Hallo 2016.

Hallo 2016.

Schön fängst du an.
Scheiße fängst du an.

Ich sitze hier in meiner kleinen Höhle – die „obere Etage“ meines Zimmers – und denke über dich und mich nach. Du bist gut zwei Wochen alt, aber du fühlst dich älter an, was vielleicht daran liegt, dass du… hm, so ein bisschen die logische Weiterführung von 2015 bist.
2015 war ein komisches Jahr, ich sag es mal ganz offen. Sehr launisch, so global betrachtet. Ich bin versucht zu sagen, 2015 war ein schlechtes Jahr, aber nein, das stimmt nicht. 2015 war genauso sehr ein gutes Jahr. Nur eben sehr Achterbahn-mäßig. An einem Tag himmelhoch jauchzend, am nächsten Tag zu Tode betrübt. Was, nebenbei bemerkt, ein Phänomen ist, das mir in der Internetkultur und auf sozialen Netzwerken wie Twitter und Tumblr immer wieder mal auffällt: solala gibt’s nicht. Alles ist entweder unglaublich toll oder unwahrscheinlich schlimm. Eine Person des öffentlichen Lebens ist entweder ein Heiliger oder ein Teufel. Und das kann sich sehr schnell ändern, mitunter tageweise. Nicht immer gleichzeitig bei allen Leuten, aber mir kommt es oftmals wie ein Trend vor.
Ja, genau so hat sich 2015 in seiner Gesamtheit angefühlt.

Vielleicht lag es ein bisschen daran, dass wir zu viel erwartet haben. Kann sein, dass es nur mir so ging, aber ich hatte das Gefühl, 2015 ist mit einer gewissen, durchaus positiven Erwartungshaltung gestartet, die sich dann besonders im letzten Drittel immer mehr verflüchtigt hat.
Ein Jahr ist lang. Man kann nicht erwarten, dass 12 Monate lang die Sonne scheint. Aber vielleicht sind wir alle insgeheim ein bisschen resigniert, als sich abzeichnete, dass die Sonne auch in den letzten drei, vier Monaten des Jahres nur sehr sporadisch zu sehen sein wird.

2016, du machst uns gar nicht erst Hoffnungen, stimmt’s?
Während dein „kleines Geschwist“ 2015 hin und her gesprungen ist, wie ein sehr launisches Kleinkind, bist du eher der pessimistische Mittzwanziger, oder?
Macht euch bitte keine Hoffnungen. Seht der Realität ins Auge.
Keine Sorge, 2016, das machen wir. Die Illusionen sind uns ohnehin vergangen. Und ein Mittzwanziger bin ich auch.

Ich sitze hier und denke nach, und eigentlich habe ich keine Lust, mich mit der Vergangenheit aufzuhalten oder in die Zukunft zu schauen. Die Zukunft malst du schwarz, aber die Vergangenheit hilft mir auch nicht weiter.

Wie wär’s, wenn wir einen Deal machen, 2016, du und ich.
Lass uns aufhören, darauf zu warten, dass morgen die Sonne scheint, und lass uns aufhören, den sonnigen Tagen hinter uns hinterher zu hängen, weil das Morgen sowieso nach Gewitter aussieht.
Lass uns einfach eine Weile in der Gegenwart leben. Lass uns die bewölkten Tage nehmen und etwas daraus machen – baden gehen kann man auch bei 17 Grad und grauem Himmel. Mir werden die Extreme ohnehin zu viel. Heute Sonne und morgen Gewitter sind in der Summe sowieso wieder ein bewölkter Tag, und das möchte ich lernen. Nicht wie ich möglichst schnell vom Wintermantel ins Sommerkleid wechseln kann, sondern wie ich das Beste aus einer Wolkendecke machen kann.

Wie wär’s, 2016, du und ich?

Es muss nicht schön werden. Es muss nur ab und zu schön sein.