Samstag, 3. Dezember 2016

Musikecke: Die Fledermaus-Ouvertüre

Gestern musste ich leider krankheitsbedingt eine kleine Pause einlegen – macht aber nichts, dafür hole ich heute nach und blogge zweimal.

Nachträglich für den zweiten Dezember habe ich mir das erste volle Orchesterwerk und einen absoluten Dauerbrenner herausgesucht: die Ouvertüre zur Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauss.

Vorweg: Die Fledermaus ist, meiner Meinung nach, ein großartiges Stück. Wenn ihr mal in Wien seid und euch gern ein typisch wienerisches Kulturereignis geben wollt, lege ich euch sehr Die Fledermaus in der Volksoper ans Herz. Die Geschichte ist eine Verwechslungskomödie vom feinsten, absurd wienerisch, und die Musik ist einfach schön. Einfach herzerwärmend schön. Man muss nicht mal ein großer Fan geschweige denn Kenner von klassischer Musik sein, Strauss versteht man auch so. Das ist einfach meine absolute Wohlfühlmusik. Wenn ich richtig blöd drauf bin, setz ich mir die Kopfhörer auf und hör mich quer durch die Fledermaus, dann vielleicht noch ein paar Polkas, und dann ist schon wieder alles nur noch halb so doof.

Was nun die Fledermaus-Ouvertüre angeht, ist sie für mich neun Minuten purer Spaß.
Ich hatte das Glück, die Ouvertüre schon mehrfach spielen zu dürfen, in großem Orchester und zuletzt in Quintettbesetzung; letzteres ist wahnsinnig lustig, ich würde aber immer die große Besetzung vorziehen. Musikalisch ist sie natürlich von vorne bis hinten ein bisschen überzogen, aber genau das macht für mich den Charme aus. Die klassische/orchestrale Musik ist voll von komplizierten, tiefsinnigen Stücken, die man stundenlang analysieren kann und die man erst ewig proben und zerdenken muss, bis sie für einen Sinn ergeben. Die Fledermaus-Ouvertüre ist definitiv keines dieser Stücke – und trotzdem wird sie mir auch beim zwanzigsten Spielen und beim zweihundertsten Anhören nicht langweilig. Sie ist einfach von vorne bis hinten voll von charmanten kleinen Scherzen, die übrigens auch von jedem Dirigenten ein bisschen anders interpretiert werden und die auch beim fünfzigsten Mal noch Spaß machen. Wie ein Insider mit einem guten Freund, über den man still und heimlich in sich hineingrinsen muss.

Es fängt schon am Anfang an – eine Sache, die ich glaube ich immer lustig finden werde, ist eine absichtliche, brutale „Bremse“ in der Musik, hier zum Beispiel nach 0:24, und noch mehr nach 1:01, mit dem demonstrativen Aufgang in den Streichern und dann dem plötzlichen Tempowechsel bei 1:08. (Bei ca. 1:49 macht er es noch mal. Ja, nee, es wird niemals alt werden.)
In der Fledermaus-Ouvertüre kann ich mich auch nie entscheiden, welches der verbauten Themen mir am besten gefällt. Das erste startet etwa bei 1:58 und ist so richtig Salonorchester. Stellt euch ein nettes kleines Streichorchester vor, während überall im Saal vornehme Herrschaften speisen. In diesem Zusammenhang bekommt es allerdings einen leisen ironischen Anflug.
Dann kommt bei 3:05 natürlich der großartige Fledermaus-Walzer. Man nennt Johann Strauss II nicht umsonst den Walzer-König – das ist ein Wiener Walzer, wie er im Buche steht, von den Wiener Philharmonikern natürlich auch wundervoll zelebriert, so wie es sich gehört. Ich bin insgesamt nicht der allergrößte Walzer-Fan, aber den aus der Fledermaus finde ich sehr ansteckend, muss ich sagen.
Wer übrigens nach 4:29 ganz genau auf die Klarinette hört – das ist etwas, was ganz charakteristisch in die Klarinettenstimme notiert wird. Schöne gebrochene Akkorde hoch und runter als Begleitung für die schöne schmalzige Melodie in Oboe oder Geigen. Ist auf der Aufnahme zugegebenermaßen schwierig zu hören.
Das Thema ab 5:42 ist übrigens ein heißer Anwärter auf mein Lieblingsthema aus der Fledermaus. In der Operette wird auf diese Melodie der Text „oh je, oh je, wie rührt mich dies“ gesungen, allerdings in einem herrlich ironischen Zusammenhang.
So ab 8:33 etwa ist alles nur noch am Eskalieren und niemand gibt mehr irgendeinen Fick auf irgendwas, weil es sowieso zu schnell für die Hirnkapazität ist. Wenn man es selbst spielt, hat das zur Folge, dass man sich am Ende nach dem Schlusston ein bisschen so fühlt, als wäre man gerade aus einer Achterbahn ausgestiegen: man ist sich nicht ganz sicher, was gerade passiert ist, aber es war irgendwie lustig.
Besondere Erwähnung finden soll in diesem Zusammenhang noch die Stelle ab 8:51 mit der abartigen Piccolo-Stelle. (Für alle Nicht-Musiker: Die Piccolo ist das, was absurd hoch und absurd schnell über allem anderen drüber tanzt.) Damals, so zu Anfang meiner Symphonieorchester-Karriere, als ich eigentlich noch viel zu schlecht und unerfahren war, hatte ich das große Privileg, mit einer unglaublich talentierten Piccoloflötistin zusammen zu spielen. Liebe Christine, für den unwahrscheinlichen Fall, dass du das hier liest: diese Stelle wird mir für immer von dir gespielt im Ohr bleiben.


Ich wünsche jedem Menschen auf dieser Erde, dass er ein Musikstück findet, das ihm so viel Spaß bereitet, wie mir die Fledermaus-Ouvertüre.

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