Gestern musste
ich leider krankheitsbedingt eine kleine Pause einlegen – macht aber nichts,
dafür hole ich heute nach und blogge zweimal.
Nachträglich für
den zweiten Dezember habe ich mir das erste volle Orchesterwerk und einen
absoluten Dauerbrenner herausgesucht: die Ouvertüre zur Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauss.
Vorweg: Die
Fledermaus ist, meiner Meinung nach, ein großartiges Stück. Wenn ihr mal in
Wien seid und euch gern ein typisch wienerisches Kulturereignis geben wollt,
lege ich euch sehr Die Fledermaus in der Volksoper ans Herz. Die Geschichte ist
eine Verwechslungskomödie vom feinsten, absurd wienerisch, und die Musik ist
einfach schön. Einfach herzerwärmend schön. Man muss nicht mal ein großer Fan
geschweige denn Kenner von klassischer Musik sein, Strauss versteht man auch
so. Das ist einfach meine absolute Wohlfühlmusik. Wenn ich richtig blöd drauf
bin, setz ich mir die Kopfhörer auf und hör mich quer durch die Fledermaus,
dann vielleicht noch ein paar Polkas, und dann ist schon wieder alles nur noch
halb so doof.
Was nun die
Fledermaus-Ouvertüre angeht, ist sie für mich neun Minuten purer Spaß.
Ich hatte das
Glück, die Ouvertüre schon mehrfach spielen zu dürfen, in großem Orchester und
zuletzt in Quintettbesetzung; letzteres ist wahnsinnig lustig, ich würde aber
immer die große Besetzung vorziehen. Musikalisch ist sie natürlich von vorne
bis hinten ein bisschen überzogen, aber genau das macht für mich den Charme aus.
Die klassische/orchestrale Musik ist voll von komplizierten, tiefsinnigen
Stücken, die man stundenlang analysieren kann und die man erst ewig proben und
zerdenken muss, bis sie für einen Sinn ergeben. Die Fledermaus-Ouvertüre ist
definitiv keines dieser Stücke – und trotzdem wird sie mir auch beim
zwanzigsten Spielen und beim zweihundertsten Anhören nicht langweilig. Sie ist
einfach von vorne bis hinten voll von charmanten kleinen Scherzen, die übrigens
auch von jedem Dirigenten ein bisschen anders interpretiert werden und die auch
beim fünfzigsten Mal noch Spaß machen. Wie ein Insider mit einem guten Freund, über
den man still und heimlich in sich hineingrinsen muss.
Es fängt schon
am Anfang an – eine Sache, die ich glaube ich immer lustig finden werde, ist
eine absichtliche, brutale „Bremse“ in der Musik, hier zum Beispiel nach 0:24,
und noch mehr nach 1:01, mit dem demonstrativen Aufgang in den Streichern und
dann dem plötzlichen Tempowechsel bei 1:08. (Bei ca. 1:49 macht er es noch mal.
Ja, nee, es wird niemals alt werden.)
In der
Fledermaus-Ouvertüre kann ich mich auch nie entscheiden, welches der verbauten
Themen mir am besten gefällt. Das erste startet etwa bei 1:58 und ist so
richtig Salonorchester. Stellt euch ein nettes kleines Streichorchester vor,
während überall im Saal vornehme Herrschaften speisen. In diesem Zusammenhang
bekommt es allerdings einen leisen ironischen Anflug.
Dann kommt bei
3:05 natürlich der großartige Fledermaus-Walzer. Man nennt Johann Strauss II
nicht umsonst den Walzer-König – das ist ein Wiener Walzer, wie er im Buche
steht, von den Wiener Philharmonikern natürlich auch wundervoll zelebriert, so
wie es sich gehört. Ich bin insgesamt nicht der allergrößte Walzer-Fan, aber
den aus der Fledermaus finde ich sehr ansteckend, muss ich sagen.
Wer übrigens
nach 4:29 ganz genau auf die Klarinette hört – das ist etwas, was ganz
charakteristisch in die Klarinettenstimme notiert wird. Schöne gebrochene
Akkorde hoch und runter als Begleitung für die schöne schmalzige Melodie in
Oboe oder Geigen. Ist auf der Aufnahme zugegebenermaßen schwierig zu hören.
Das Thema ab
5:42 ist übrigens ein heißer Anwärter auf mein Lieblingsthema aus der
Fledermaus. In der Operette wird auf diese Melodie der Text „oh je, oh je, wie
rührt mich dies“ gesungen, allerdings in einem herrlich ironischen
Zusammenhang.
So ab 8:33 etwa
ist alles nur noch am Eskalieren und niemand gibt mehr irgendeinen Fick auf
irgendwas, weil es sowieso zu schnell für die Hirnkapazität ist. Wenn man es
selbst spielt, hat das zur Folge, dass man sich am Ende nach dem Schlusston ein
bisschen so fühlt, als wäre man gerade aus einer Achterbahn ausgestiegen: man
ist sich nicht ganz sicher, was gerade passiert ist, aber es war irgendwie
lustig.
Besondere Erwähnung
finden soll in diesem Zusammenhang noch die Stelle ab 8:51 mit der abartigen
Piccolo-Stelle. (Für alle Nicht-Musiker: Die Piccolo ist das, was absurd hoch
und absurd schnell über allem anderen drüber tanzt.) Damals, so zu Anfang
meiner Symphonieorchester-Karriere, als ich eigentlich noch viel zu schlecht
und unerfahren war, hatte ich das große Privileg, mit einer unglaublich
talentierten Piccoloflötistin zusammen zu spielen. Liebe Christine, für den
unwahrscheinlichen Fall, dass du das hier liest: diese Stelle wird mir für immer
von dir gespielt im Ohr bleiben.
Ich wünsche
jedem Menschen auf dieser Erde, dass er ein Musikstück findet, das ihm so viel
Spaß bereitet, wie mir die Fledermaus-Ouvertüre.
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